
Überblick
Agri-Photovoltaik (Agri-PV) integriert landwirtschaftliche Produktion und Solarenergiegewinnung auf derselben Fläche. Diese Technologie ermöglicht eine Doppelnutzung des Bodens zur Kultivierung von Pflanzen und zur Erzeugung von Solarstrom, was ökologische und wirtschaftliche Vorteile bietet. Agri-PV-Anlagen können zusätzlichen Schutz vor Witterungseinflüssen wie Hagel bieten und Regenwasser gezielt sammeln. In sonnenintensiven, trockenen Regionen sorgen sie zudem für Schatten, was die Verdunstung reduziert und die Wassereffizienz verbessert – ein entscheidender Vorteil im Zuge des Klimawandels.
Die Anwendung von Agri-PV-Anlagen ist in der DIN SPEC 91434:2021-05 geregelt, die im Mai 2021 veröffentlicht wurde. Diese Spezifikation dient als Vorstufe zu einem offiziellen Standard und wurde von einem Expertengremium aus den Bereichen Landwirtschaft, Solarindustrie, Wissenschaft und Zertifizierung entwickelt. Sie definiert Anforderungen an Planung, Betrieb, Dokumentation und Qualitätskontrolle von Agri-PV-Anlagen, inklusive spezifischer Messgrößen zur Sicherung der Qualität und landwirtschaftlichen Eignung. So wird beispielsweise festgelegt, wie viel Licht die Pflanzen unter den Solarpaneelen erhalten müssen, um deren Wachstum nicht zu beeinträchtigen.
Die Bundesnetzagentur hat die Einhaltung der DIN SPEC 91434:2021-05 für Agri-PV-Projekte auf landwirtschaftlichen Flächen verbindlich vorgeschrieben. Das bedeutet, dass Agri-PV-Anlagen über die gesamte Förderdauer hinweg den aktuellen technischen Anforderungen entsprechen müssen.
Um die landwirtschaftliche Nutzung trotz der Installation von Agri-PV-Anlagen aufrechtzuerhalten, ist ein Nutzungskonzept zu erstellen. Dieses Konzept wird gemeinsam von Landnutzern, wie Landwirten oder Pächtern, und den Errichterunternehmen der Agri-PV-Anlagen entwickelt und dokumentiert die geplante Flächennutzung über die nächsten drei Jahre oder einen gesamten Fruchtfolgezyklus hinweg
Anlagenkategorien
Die DIN SPEC 91434 klassifiziert Agri-Photovoltaikanlagen (Agri-PV-Anlagen) in zwei Hauptkategorien:
Kategorie I: Agri-PV-Anlagen aufgeständert mit einer Mindesthöhe von 2,10 Metern, die eine landwirtschaftliche Nutzung unterhalb der Solarmodule ermöglichen. Die Konfiguration und Neigung der Module kann variieren, und die Solarmodule können die landwirtschaftlich nutzbare Fläche teilweise oder vollständig bedecken. Bereiche, die aufgrund der Aufständerung oder des landwirtschaftlichen Konzepts nicht für die konventionelle Bearbeitung geeignet sind, zählen zur nicht nutzbaren Fläche. Anlagen in dieser Kategorie müssen so gestaltet sein, dass sie zur jeweiligen Art der Landwirtschaft passen, und die Mindesthöhe von 2,10 Metern zur Gewährleistung der landwirtschaftlichen Nutzung muss eingehalten werden. Der Abstand zwischen Unterkante des niedrigsten Konstruktionselements und dem Boden, auch „lichte Höhe“ genannt, wird gemessen, wenn verstellbare Module auf ihre höchste Position eingestellt sind.
Kategorie II: Bodennah installierte Agri-PV-Anlagen, die den landwirtschaftlichen Betrieb zwischen den Modulreihen ermöglichen. Diese Kategorie umfasst Anlagen mit Solarmodulen, die entweder fest oder in verstellbarer (Tracking-) Position auf Pfosten montiert sind. Der Bereich unterhalb der Module gilt grundsätzlich als nicht landwirtschaftlich nutzbar, wenn er weniger als 2,10 Meter hoch ist. Ist jedoch durch das Nutzungskonzept eine landwirtschaftliche Nutzung unterhalb dieser Höhe vorgesehen und wird dabei mindestens 66 % des regulären Ertrags erzielt, kann der Bereich als nutzbar gelten. Auch hier müssen alle Anforderungen zur landwirtschaftlichen Nutzung unterhalb der Module erfüllt sein, und das Nutzungskonzept sollte präzise festlegen, wie die Bewirtschaftung dieser Flächen erfolgen soll.
Nutzungskategorien
Agri-PV-Anlagen können für unterschiedliche Arten der landwirtschaftlichen Nutzung eingesetzt werden, die wie folgt klassifiziert sind:
A. Dauerkulturen und mehrjährige Kulturen: Pflanzen, die über einen Zeitraum von mindestens fünf Jahren auf derselben Fläche wachsen und regelmäßig Erträge liefern, wie etwa Obstbäume oder Weinreben.
B. Einjährige und überjährige Kulturen: Diese umfassen Pflanzen, die jährlich neu angepflanzt oder länger als ein Jahr genutzt werden können. „Überjährig“ bezieht sich auf Pflanzen, die länger als ein Jahr wachsen und Erträge liefern, bevor sie ersetzt oder neu gepflanzt werden, wie beispielsweise Rhabarber oder bestimmte Kräuter.
C. Dauergrünland mit Schnittnutzung: Flächen, die seit mindestens fünf Jahren ohne Umbruch genutzt werden, auf denen Gräser oder andere Futterpflanzen zur regelmäßigen Ernte geschnitten werden.
D. Dauergrünland mit Weidenutzung: Ähnliche Flächen wie bei der Schnittnutzung, die jedoch zur direkten Beweidung durch Tiere vorgesehen sind und ebenfalls über einen Zeitraum von mindestens fünf Jahren nicht umgepflügt werden.
Diese Kategorien gewährleisten eine klare Differenzierung der Einsatzmöglichkeiten von Agri-PV-Anlagen und unterstützen die Umsetzung maßgeschneiderter Nutzungskonzepte zur effizienten Kombination von Photovoltaik und landwirtschaftlicher Produktion.
Zusammenfassung
Folgende Tabelle in der DIN SPEC 91434; 2021-05 enthält eine Darstellung der landwirtschaftlichen Nutzungsmöglichkeiten in Agri-PV-Anlagen der Kategorie I (Aufständerung mit lichter Höhe) und Kategorie II (bodennahe Aufständerung):
Agri-PV-Systeme | Nutzung | Beispiele |
Kategorie I: Aufständerung mit lichter Höhe Bewirtschaftung unter der Agri-PV-Anlage | 1A: Dauerkulturen und mehrjährige Kulturen | Obstbau, Beerenobstbau, Weinbau, Hopfen |
1B: Einjährige und überjährige Kulturen | Ackerkulturen, Gemüsekulturen, Wechselgrünland, Ackerfutter | |
1C: Dauergrünland mit Schnittnutzung | Intensives Wirtschaftsgrünland, extensiv genutztes Grünland | |
1D: Dauergrünland mit Weidenutzung | Dauerweide, Portionsweide (z. B. Rinder, Geflügel, Schafe, Schweine und Ziegen) | |
Kategorie II: Bodennahe Aufständerung Bewirtschaftung zwischen den Agri-PV Anlagenreihen | 2A: Dauerkulturen und mehrjährige Kulturen | Obstbau, Beerenobstbau, Weinbau, Hopfen |
2B: Einjährige und überjährige Kulturen | Ackerkulturen, Gemüsekulturen, Wechselgrünland, Ackerfutter | |
2C: Dauergrünland mit Schnittnutzung | Intensives Wirtschaftsgrünland, extensiv genutztes Grünland | |
2D: Dauergrünland mit Weidenutzung | Dauerweide, Portionsweide (z. B. Rinder, Geflügel, Schafe, Schweine und Ziegen) |
Die offiziellen DIN Spec – Dokumente sind kostenfrei unter https://www.din.de/de/meta/suche/62730!search?query=DIN+SPEC+91434 verfügbar.